Klaras Lebenswelten - Lebenswege - Die Geschichte von Conny und dem Licht im Dunkel der Depression

Die Geschichte von Conny

Im Mai 2011 war die dunkelste Zeit, in meinem Leben mit der Depression. Mein Licht war einfach ausgegangen. Ich war in der schwarzen Traurigkeit gefangen, wollte niemand sehen, nichts hören und konnte nichts denken. Ich war kaputt. Ich habe nicht viele Erinnerungen an diese Wochen, bis ich dann in die Klinik ging. Ich war in der Woche allein, da mein Mann auf Montage war. Die Tage vergingen, ohne das ich in der Lage war zu sagen, was ich gemacht hatte. Es war meine Zeit im totalem Nichts. Es war niemand da, der mir nah war und es kümmerte weder meine Kollegen noch meine Chefin. Niemand fragte nach mir. Warum auch. Es konnte ja nicht sein, dass ich krank war. Meine Chefin war stink sauer, was mir völlig egal war. Ich war nicht mehr lebensfähig, am Ende.

Ich kann nicht mehr sagen, wie viel Zeit verging, als es zum ersten Mal intensiv an meiner Tür klingelte und was mich bewog an die Wechselsprechanlage zu gehen, um heraus zu finden wer da klingelte. "Hier ist die Conny, mach bitte auf", tönte es durch den Hörer und ich öffnete die Tür. 

Da stand sie vor mir, über das ganze Gesicht strahlend "musst du so weit oben wohnen?", war die Begrüßung. "Ich habe dir was mitgebracht", schwenkte sie einen Thermobehälter, hin und her. Ich weiß nicht mehr, wer dann Kaffee kochte und die warmen Eierkuchen-Plinse auf die Teller legte. Es war so toll, diese warmen Eierkuchen-Plinse essen und die fröhliche Conny bei mir auf dem Sofa. Sie holte mich für eine Stunde etwas zurück in das Leben. Sie saß mit mir einfach nur da und mühsam plätscherte eine Unterhaltung vor sich hin. Wichtig war nur, ein Mensch war für mich da, einfach so. Auch wenn ich selbst ungewaschen, im Schlafanzug da saß und die Wohnung aussah, wie nach einem Sturm. Sie war da und es kümmerte sie nicht, wie es aussah. Ich war ihr wichtig. Sie tat mir gut. Dieses warme Gefühl, ihr Lachen, ihre Fröhlichkeit und ihr Mitgefühl, sind bis heute in meinem Herzen gespeichert. Nein, dass habe ich nicht vergessen und ich kann es nicht vergessen. Ich bin noch heute dankbar für diese Zeit mit Conny. Sie war der erste Mensch, in meiner Dunkelheit, der mir zeigte, es gibt doch noch Menschen, die sich sorgen, für die ich wichtig bin. So wichtig, dass sie mich einfach so besuchte und die niemals erzählen würden, dass sie bei mir war und wie es hier ausgesehen hatte. Das war Herzenswärme pur und ehrlich. 

 

Ich weiß nicht mehr wie oft sie da war. Sie kam noch ein paar mal vorbei, bis ich dann in die Klinik ging. Sie hatte immer etwas dabei, kochte Kaffee und schenkte mir ihre Zeit. Sie war für mich da, einfach so. Natürlich kam sie auch in die Klinik, auch wenn diese nicht gleich um die Ecke war. Conny war da. Sie sorgte sich um mich und brachte mir das Lächeln.

 

Conny auf meinem Lebensweg

Conny, war lange Zeit ehrenamtlich in dem Verein, in dem ich arbeitete, aktiv. Später hatten wir mehrfach Kontakt, als sie ihr Berufspraktikum machte. "Ich bin Conny, die neue Praktikantin" lachte sie mir, bei unserer ersten Begegnung, entgegen. "Wir kennen uns schon lange auf dem Papier, weil ich eine Ehrenamtliche war", brachte sie sich in meine Erinnerung.

 

Es gibt Menschen, die einem sofort ins Herz sausen. So ein Mensch war und ist Conny für mich. Wenn ich sie damals sah, war sie immer fröhlich und ihre positive Art gefiel mir vom ersten Tag an. Sie sprach, was sie dachte und immer wieder fanden wir den gleichen Faden. Sie war genauso empathisch im Umgang mit den Betreuten, wie ich es von mir kannte. Das war eine Seltenheit in diesem Verein. Sie gab mehr als sie musste und betreute stets auch noch Menschen, die Hilfe benötigten, einfach so mit. Sie war für mich ein Licht im grauseligen Job. Ich glaube wir taten uns beide gut. 

 

Conny holt mich aus dem Umzugsrummel

Als ich nach Dresden zog, brach ich alle Kontakte, in meine alte Welt, ab. Bis auf einen.  Die Freundschaft zu Conny habe ich mir und wir uns bewahrt. Conny hat sogar beim Umzug geholfen. Am Tag des Umzuges, kam sie nach Dresden gefahren, um mich aus dem Umzugsrummel heraus zu holen. "Ich hab dann mal Blumen vom LKW mitgebracht", stand sie strahlend, in der Küche, vor mir.. Das war eine Freude. Meine Freundin Conny war echt unglaublich. "Los geht es, raus aus dem Rummel mit dir", lachte Conny mich an. Mein Mann und die Kinder luden den LKW aus, räumten die Wohnung ein und wir zwei Beide bummelten durch Dresden.. Obwohl wir beide Höhen- und Platzangst hatten, fuhren wir mit der Standseilbahn den Dresdner Elbhang hinauf, um uns die Stadt von oben anzuschauen. Wir genossen gemeinsam die Aussicht und unsere gemeinsame Zeit. Eis essen, an der Elbe musste auch noch sein, bevor Conny sich wieder auf den 150 Km Heimweg machte. So überstand ich den Umzug, ohne vom Trubel überfordert zu werden. Ich hatte einen wunderschönen ruhigen Tag, mit viel Freude und Lachen. Ich habe eine wundervolle Freundin.

Conny - Herzmensch unter der Maske

Ich bin dankbar und froh, dass diese Freundschaft mich heute noch begleitet. Manchmal gibt es Menschen, die mich sofort im Herzen treffen. Wo ich spüre jemanden vor mir zu haben, der ähnlich wie ich selbst tickt. Wo mir mein Herz sagt, du kannst vertrauen. Ich mag ihre Empathie und das beständige Mitdenken und denken in der Breite, diese MEHR in ihrem Leben, ihrem Arbeitsalltag.. Diese anders sein. Sie hilft wo sie helfen kann. Sie bemerkt die Schwachstellen und Hilfebedarfe bei den Menschen, um sie herum. Sie gibt immer das Beste und ganz oft noch mehr, weil sie nicht NEIN sagen kann.

 

Andererseits kann ich in Herz und Seele schauen und mir ist sehr bewusst, dass dieses Lächeln und diese Lebensfreude, im Alltag hinter einer Maske steckt. Es ist schwer für mich zu sehen, wie meine Freundin auf den gleichen Abgrund zusteuert, wie ich. Wie sie im System der Gesellschaft zerrieben wird. Sie glaubt nicht an sich selbst und vertraut nicht auf ihre Fähigkeiten, auf ihre wundervollen Gedanken. Immer wieder trifft sie auf Menschen, denen sie nicht gewachsen ist, die sie als Spielball benutzen und sie missbrauchen. Sie weiß es, aber sie hat noch immer nicht den Mut selbst Hilfe anzunehmen. Dass macht mir Angst. Große Angst. Manchmal kommt dann die Wut in mir hoch, dass es immer die besten Menschen trifft, die im Ellenbogen-System der Gesellschaft untergehen. Ja, es werden ganz bestimmt, die falschen Menschen therapiert. Leider.

 

Liebe Conny, ich sage danke. Danke für dein helles Lachen, deine versprühte Lebensfreude, deine Empathie, deinen schlauen Kopf und deine wunderbaren Gedanken. Ich sehe sehr gern in deine lachenden Augen. Höre gern deine Gedanken, die ich so oft teilen kann. Ich bin dankbar dafür, dass du so anders bist. So einzigartig. Ich wünsche mir noch ganz viele Jahre mit unserer Freundschaft. Ich wünsche mir, dass du irgendwann den Mut findest, dir selbst zu vertrauen und Hilfe anzunehmen. Du bist es wert.

DANKE für diese Freundschaft