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Klaras Lebenswelten-Kindesmissbrauch in der Familie-Nichts mehr ist wie es war. Kinder & Jugendpsychotherapie

Kinder und Jugendpsychotherapie

Begriffserklärung: 

Die kinder- und jugendpsychiatrische Therapie von psychischen Störungen und Erkrankungen entspricht in der Regel einem komplexen Behandlungsprogramm, das sich sowohl am jeweiligen Individuum mit seinem Entwicklungsstand bzw. Reifegrad als auch an der Art der psychischen Störungen orientiert und sich unterschiedlich wirksame Verfahren zunutze macht. Eine patientenorientierte, störungsspezifische, integrierte und mehrdimensional ausgerichtete Therapie gehört zum Grundprinzip einer kinder- und jugendpsychiatrischen Behandlung.

Der allgemeine Begriff „Psychotherapie“ umfasst eine Vielzahl von Methoden und Techniken zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen, welche Schwierigkeiten mit ihren Gefühlen und ihrem Verhalten haben, ohne dies in angemessener Weise nonverbal ausdrücken oder gar verbalisieren zu können.

 

Eine psychotherapeutische Behandlung soll diese Kinder und Jugendlichen befähigen selbstreflexiv das eigene Dasein im Kontext von Familie, Freundeskreis und Schule etc. zu begreifen.

 

Obwohl es ganz unterschiedliche Ansätze in der Psychotherapie gibt, stehen vor allem Kommunikations- und Interaktionsmuster im Mittelpunkt des Interesses, gleich, ob in der therapeutischen Situation ein einzelnes Kind, eine Gruppe von Kindern, eine Familie oder mehrere Familien anwesend sind.

Vor allem bei jüngeren Kindern und Jugendlichen helfen dem Therapeuten neben dem Sprechen auch Spielen, Zeichnen, Bauen und andere Formen konkreten Tuns, um Gefühle und Probleme besser zu verstehen und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. In diesem Rahmen kann eine stabile Beziehung zwischen Psychotherapeut und Patient entstehen. Diese therapeutische Beziehung ist Grundlage dafür, dass das Kind oder der Jugendliche sich wohl, sicher und verstanden fühlt, um seine Gedanken und Gefühle ausdrücken zu können.

Indem in einer psychotherapeutischen Situation Kinder und Jugendliche eine emotionale Unterstützung erhalten, können sie sich seelisch stabilisieren, selbst mehr Empathie entwickeln und somit auch neue Wege lernen, um eigene und zwischenmenschliche Konflikte besser zu lösen.

 

Warnzeichen für psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen

Alle Eltern finden ihre Kinder zuweilen belastend oder machen sich Sorgen über die Entwicklung ihrer Kinder. Alle Kinder fallen irgendwann einmal problematisch auf. Problematische Verhaltensweisen sind keine Ausnahmen, sondern gehören zur Normalität.

Es gibt jedoch Situationen oder Warnzeichen, bei denen Eltern aufmerksam werden sollten. Insbesondere wenn sich das Verhalten von Kindern oder Jugendlichen mit oder ohne erkennbare Ursache plötzlich ändert, kann dies ein Hinweis auf ein ernst zu nehmendes Problem sein. Durch frühzeitiges Erkennen von problematischen Entwicklungen können Eltern, Erzieher und Betreuer entgegenwirken, dass Kinder und Jugendliche psychische Probleme entwickeln oder sich bestehende psychische Störungen verstärken.

 

Wenn sich Eltern Sorgen machen, können sie versuchen ein Problem erst einmal selbst einzuordnen, indem sie sich mit folgenden Fragen befassen:

 

Seit wann ist mein Kind verändert?

Viele Auffälligkeiten verschwinden nach ein paar Tagen wieder von ganz alleine. Erst wenn eine Störung über Tage oder gar Wochen fortbesteht, kann dies ein Hinweis auf eine ernste Störung sein. 

Ist mir diese Veränderung früher schon einmal aufgefallen?

Manche Probleme treten phasenweise auf. Die betroffenen Kinder sind über einen überschaubaren Zeitraum hinweg etwas verändert, plötzlich sind sie dann aber wieder "ganz die alten". Wiederholen sich solche Phasen oder treten dabei besorgniserregende Veränderungen auf, sollten Sie nicht zögern einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie zu konsultiren. Neben ganz normalen Stimmungstiefs, können sich beispielsweise auch behandlungsbedürftige Depressionen dahinter verbergen.

Wie häufig tritt die Störung auf?

Hilfreich für eine erste Beurteilung eines Problems kann es sein, wenn Sie relativ genau angeben können, wie oft die Auffälligkeiten auftreten. Manchmal ist es nützlich vorübergehend einen Kalender zu führen, in dem die Phasen eingetragen werden.

Wie stark ist das Problem ausgeprägt?

Bei der Beurteilung der Intensität einer Störung geht es nicht um eine objektive Einstufung, sondern um die Ihre persönliche Meinung bzw. die Ihrer Kinder. Sie können das Problem auf z. B. einer Skala von 1-10 einordnen, wobei "1" einer geringfügigen und "10" einer maximalen Belastung durch das Problem entspricht.

Ist mit dem Problem ein starker Leidensdruck für Sie oder Ihr Kind verbunden?

Auffälligkeiten oder Störungen können Sie aber auch Ihr Kind sehr belasten, insbesondere wenn aus diesem Grund niemand mehr etwas mit Ihnen zu tun haben will oder die Bewältigung des Alltags erheblich belastet wird.

Sind Auslöser für die Auffälligkeiten bekannt? Wodurch lassen die Symptome nach?

Manchmal machen sich Störungen situationsabhängig bemerkbar. Unter Umständen ist ein Problem schon dadurch zu beseitigen, dass man solche Belastungssituationen vorübergehend meidet. In anderen Fällen wissen Eltern ganz genau, was sie tun können, um schwierige Phasen zu durchbrechen. Auch hier kann es für Kinder und Eltern eine enorme Entlastung bringen, wenn man diese Erfahrungen nutzt. Greifen bewährte Maßnahmen allerdings nicht mehr, könnte dies auch daran liegen, dass sie sich abgenutzt haben. Bevor Sie allerdings verzweifeln, weil einfach nichts mehr hilft, sollten Sie sich beraten lassen.

Raten Außenstehende (Verwandte, Erzieher, Lehrer) zu professioneller Unterstützung?

Wenn andere Bezugspersonen Ihres Kinds wie Großeltern, Erzieher im Kindergarten, Lehrer oder Betreuer die Veränderungen ebenfalls bemerken und sich besorgt zeigen, stehen Sie mit Ihren Sorgen nicht mehr alleine und können sich austauschen. Unter Umständen bemerken diese Menschen auch Auffälligkeiten, die Sie noch gar nicht bemerkt haben. Das muss Ihnen nicht unangenehm sein, denn sie beobachten Ihr Kind oft in einer ganz anderen Umgebung als Sie oder sehen es nicht so oft, so dass Veränderungen viel mehr auffallen.

Glauben Sie, dass Sie oder Ihr Kind das Problem selbst lösen können oder brauchen Sie/es Hilfe?

Häufig versuchen Eltern mit ihrem Kind viel zu lange ein Problem zu lösen bis sie sich Unterstützung suchen. Gerade wenn Sie derzeit mit mehreren Belastungen gleichzeitig konfrontiert sind, sollten Sie nicht zu lange damit warten, Hilfe zu suchen. Sie tun weder sich noch Ihrem Kind einen Gefallen damit.

Erster Ansprechpartner kann der Kinder- und Jugendarzt sein, wenn Sie zu dem Ergebnis kommen, dass Sie professionelle Unterstützung brauchen. Er kann Sie mit Ihrem Kind dann zu einem Kinder- und Jugendpsychiater überweisen.

 


Die Dissoziation 

Die Dissoziation ist ein psychischer und neurobiologischer Schutzmechanismus. Dabei geht es um eine Art "Entfernung von sich selbst" mit dem Ziel, aus einer tatsächlichen, seelisch und körperlich unerträglich gewordenen Situation herauszukommen. Ziel der Dissoziation ist die Verminderung bzw. Ausschaltung von seelischem und körperlichem Schmerz. Monika beschreibt, dass sie bei körperlicher Nähe auch Angst und Panik spürt. Gerade um diese Gefühle zu kontrollieren, ist die dissoziative Reaktion eine Akut-Gefahrenhilfe. Obwohl das eigentliche traumatische Erleben z.B 14 Jahre her ist, ist die Erfahrung gespeichert. Das Bewusstsein und das Gefühl entfemen sich auf Grund dessen vollständig von der momentanen Realsituation. Es reichen Auslöser wie Gedanken, Gerüche, innere Bilder, Atmosphäre, usw. Das Wachbewusstsein bleibt dabei erhalten. Es findet eine "Verselbstständigung" der Dissoziation, also ihre Entwicklung zur Krankheit, statt. Wissenschaftlich konnte nachgewiesen werden, dass die seelischen Symptome in direktem Zusammenhang mit dem Anstieg der ausgeschütteten körpereigenen Endorphine stehen. Diese Tatsache könnte auch erklären, dass nach Berichten aus der Drogenberatung 70 % aller drogensüchtigen Frauen Missbrauchserfahrungen gemacht haben.

 

Das Phänomen der "Bagatellisierung"

… Wenn Leugnen oder Verdrängen nicht funktioniert, entsteht häufig die Neigung, sich selbst und auch andere davon zu überzeugen, dass es doch aber nicht so schlimm gewesen sei oder schon längst vergangen und damit nicht mehr relevant.

Auch hier gilt, dass der Schmerz, sich das Geschehene wirklich vor Augen zu führen, zu groß ist, und dass durch die Bagatellisierung der Schmerz erträglich gemacht wird. Dazu kommt, dass die oft jahrelangen Übergriffe nicht nur mit negativen Gefühlen belegt sind, was häufig bei der Beurteilung von Missbrauch außer Acht gelassen wird. Besonders bei Inzest ist der Täter /die Täterin eine Vertrauensperson, die häufig sogar geliebt wird. Nicht nur zu dem Täter / der Täterin selbst gibt es ambivalente Gefühle, sondem auch zur Tat. Das Kind verspürt unter Umständen Lustgefühle, die vom Missbraucher / der Missbraucherin geschickt ausgenutzt werden, um dem Opfer Schuldgefühle zu bereiten und Beteiligungswillen zu unterstellen: "Du wolltest es doch auch", "Es war doch auch schön für dich, was du mit mir machst", usw.

 

Qualifikation für Therapeuten bei sexuellem Missbrauch

Da im Falle eines Missbrauchs die sexuelle Ausbeutung den Menschen in allen Dimensionen seines Seins verletzt hat, geht es in der Therapie um Veränderungen im Denken, Fühlen und Verhalten. In der Begleitung von Inzestopfem müssen die Methoden variabel sein. Es geht darum, nicht nur zuzuhören, sondem mit dem Herzen zu hören, was für den Klienten oder die Klientin wachstumsfördemd ist, die Eigenschaften des Menschen zu respektieren und liebevoll anzunehmen. Eine Therapeutin sollte sich mit ihren eigenen Werten und Normen und der Biographie ihrer Sexualität beschäftigt haben und keine Scheu davor haben, über Sexualität und auch Perversitäten zu sprechen. Sie muss sich mit den eigenen Verführungs- und Gewalterlebnissen und mit ihren Ängsten vor sexueller Gewalt auseinandergesetzt haben und die Grenzen ihrer Belastbarkeit kennen. Sie sollte geduldig, einfühlend und stützend sein und Misstrauen wie auch Abhängigkeit ertragen können. Sie muss ihre eigenen Grenzen wahren und darf nicht konfluent werden.

 

Es ist wichtig, in der Klientin das Vertrauen und die Sicherheit zu wecken selbst entscheiden zu können, wie weit sie ihre Gefühle freilegen will und wann sie schweigen möchte, um sich zu schützen. Die Therapeutin sollte über ein breites Spektrum an Methoden verfügen. Es wird bei der Therapie sowohl um intrapersonale als auch interpersonale Ziele gehen. Zum intrapersonalen Themenkomplex gehören die Aufarbeitung der individuellen Geschichte, der Umgang mit Stress und starken Gefühlen, die Steigerung des Selbstwertgefühls, die Möglichkeiten der Grenzsetzung, usw. Die ICH-Funktionen müssen gestützt werden, also der Bereich kognitiver und emotionaler Differenzierungsfähigkeit, die Selbstverantwortung, Realitätskontrolle und Frustrationstoleranz. Es geht um den Aufbau von Identität.

 

Die interpersonalen Therapiebereiche haben mehr mit den kommunikativen und sozialen Fähigkeiten der Betroffenen zu tun. Die Klientin sollte die Möglichkeit haben, in der Therapie Erfahrungen machen zu können, die sich im Hier und Jetzt des Beziehungsgeschehens zwischen Therapeutin und Patientin abspielen.

 

Überlegungen zur Beratung und Therapie

Grundsätzlich verläuft eine psychotherapeutische Behandlung von Traumapatientinnen in drei Phasen: Die erste ist die der Stabilisierung. Dann folgt die Bearbeitungsphase, die durchgängig von Stabilisierung begleitet werden muss. Zuletzt erfolgt die Integration. Laut ihm ist es am wichtigsten für das Gelingen einer Behandlung, jederzeit als Therapeutin authentisch zu sein. Gerade Missbrauchsopfer sind sehr sensibel für Unstimmigkeiten, da sie oft jahrelang ständig mit allen Sinnen auf der Hut sein mussten, um die Chance nicht zu verpassen, der eventuellen Gefahr doch noch entgehen zu können.

 

Da die Klientin nicht über Inzest/Missbrauch sprechen zu wollen, bedeutet das für mich ein ganz eindeutiges Tabu. In den ersten Sitzungen wird es darum gehen, Vertrauen entstehen zu lassen. Nur durch eine emphatische Haltung und Wertschätzung kann sich ein Gefühl der Sicherheit und des Angenommenseins entwickeln. Erst dann kann von ihr das Angebot angenommen werden, in den Bereichen Wahrnehmung, Gefühl, Nähe, Distanz, Körperkontakt usw. Erfahrungen zu machen. Dazu ist ein "geschützter Raum" notwendig, der ihr Sicherheit bietet, jederzeit aussteigen zu können bzw. selbst bestimmen zu können, wie weit sie sich traut. Das kann nicht allein über den Kopf in Form von Gesprächen funktionieren. …vergleichbar mit den mutigen Versuchen eines Kindes, die Welt zu entdecken. Es überwindet seine Angst und traut sich etwas, weil es weiß, dass die Mutter da ist, die es loslässt, aber auch an die Hand nimmt, wenn die Angst zu groß wird.

Wissenschaftlich ausgedrückt heißt das: Erfahrung der Präsenz einer primären Bindungsperson schützt vor Angstentwicklung. Ziel ist die Wiedergewinnung von Selbstvertrauen über die Brücke des Vertrauens zu mir als Therapeutin bis letztendlich zum Selbstmanagement.

 

Die Klientin eine Erfahrung machen zu lassen, die sie nicht kennt, nicht erwartet, nämlich dass ich stark genug bin, zu bleiben und auszuhalten. Die Arbeit an der Stabilität der Vertrauensbeziehung muss wachsam im Auge behalten werden. Zugleich ist es für mich wichtig, mich nicht zu stark mit dem Opfer zu identifizieren. Das könnte unter Umständen zu Hilflosigkeit und Überforderung führen.

Ich habe eine abgeschlossene Ausbildung in den Techniken des Psychodrama gemacht und sehe für die Therapie viele Möglichkeiten, diese anzuwenden.

Sehr hilfreich wäre es, wenn die Klientin bereit wäre, sich einer Gruppe anzuschließen, da sich dadurch das psychodramatische Möglichkeitsspektrum erweitern würde (Vignetten, Skulpturen…). Hierbei kann es sich sowohl um eine Selbsthilfegruppe als auch um eine Selbsterfahrungsgruppe von Frauen handeln. – Mir ist klar, dass eine solche Teilnahme erst Thema sein kann, wenn die Beziehung zwischen mir und der Klientin "trägt".

 

Quelle: Roswitha Brück, Beratungslehrerin und Psychologische Beraterin

Am Reißberg 29, 58791 Werdohl

 

Ausbildungen u.a.:Qualifizierung mit Abschluss zur Moderatorin in dem landesweiten Schwerpunktprojekt zur Lehrerfortbildung in NRW "Sexuelle Gewalt und sexueller Missbrauch gegen Kinder und Jugendliche". Supervision und Seminare mit BULLENS (er arbeitet hauptsächlich mit Tätern) und URSULA ENDERS (Leiterin von Wildwasser, Köln) Ausbildung zur Lehrerin für Suchtprophylaxe, NLP-Practitioner

Unbehandelt erleiden Patienten und Patientinnen mit PTBS auf Grund ihrer Symptome sehr häufig Depressionen oder geraten in Abhängigkeitserkrankungen. Störungen in der zwischenmenschlichen Beziehung beeinflussen seelische und körperliche Abläufe bis hin zur Regulation der Genaktivität. Beim Kind ist die Bedeutung der Beziehungen vor allem zu den Eltern oder anderen maßgeblichen Bezugspersonen besonders hoch. Auf Grund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse wissen wir, dass Erfahrungen der frühen Kinderjahre spätere seelische und körperliche Abläufe "bahnen".