Klaras Lebenswelten - Auf der Suche nach einem Hochzeitsoutfit.

Auf der Suche nach meinem Hochzeitsoutfit

Es ist immer das Gleiche, wenn ein Ereignis ansteht, für dass ich ein schickes Outfit brauche. Was ist schick? Was gefällt Michael? Ich möchte nicht auffallen, also möglichst angepasst sein, an all die anderen schicken Gäste. Im Grunde weiß ich, was ich anziehen möchte, doch meine eigene Unsicherheit bringt mich immer wieder an meine Grenzen. Ich weiß sehr genau, wenn ich mich verkleide, mich nicht wirklich wohl fühle in meinem Outfit, geht das nach hinten los. Ich kann es selbst nicht ertragen und meine Psyche spielt verrückt. So kommt es auch schon einmal vor, dass wir auf dem Weg sind, wir zurück fahren müssen damit ich mich umziehen kann. Das mag anderen auch so gehen, doch meine Befindlichkeiten beeinträchtigen mich derart, dass ich das Gefühl habe, ich werde verrückt. Naja, vielleicht bin ich ja verrückt. Wer ist das nicht. Ich habe viele Jahre damit verbracht, mich so zu kleiden wie es andere von mir erwartet haben, wie es meiner Chefin gefallen würde. Es hat nie gereicht. Als ich dann krank war beschloss ich, mich nie wieder zu verkleiden. Ein richtiger Entschluss und doch handle ich noch immer, an einigen Stellen, im alten Verhaltensmuster. Immer wieder zeigt mir meine Psyche dann aber sehr heftig, dass ich wieder einmal die falsche Entscheidung getroffen habe. Eine Entscheidung, die mir nicht gut tut, die nicht ICH bin. So auch jetzt wieder, auf der Suche nach meinem Hochzeitsoutfit.

Kleider, Kleider, Kleider ...

Ich trage seit einiger Zeit sehr gern Kleider, dazu Leggings oder Jeansröhre. Das ist meins. Dabei ist mir sehr egal, was andere davon halten. Im Alltag habe ich kein Problem mich zu kleiden, wie ich möchte. 

Nun aber steht meine kirchliche Hochzeit an und ich hatte zwei Kleider, die ich mir ausgesucht hatte, um sie bei festlichen Anlässen zu tragen. Ich probierte sie an, in verschiedenen Varianten. Das eine Kleid sehr schlicht und in meinem Alltagsstil. Das andere festlich. Mit Spitzenshirt und Leggings. Doch ich fühlte mich nicht wohl, im festlichen Kleid. Wenn ich es auf Fotos an mir sah, sperrte sich alles in mir. Es zeigte deutlich meine Schwachstellen ob so oder so. Das war nicht ich, ich wusste es und doch blieb es in meiner Outfitauswahl. Meine Unsicherheit auszugleichen, fragte ich Facebookfreunde. Klar vorn, lag das festliche Outfit. Das verstärkte meine Unsicherheit, statt mir die Sicherheit zu geben, dass das festliche Outfit auch gut zu mir passt. In mir selbst blieb es dabei, ich fühlte mich nicht wohl. Innerlich hatte ich mich für das weiß-blaue Outfit entschieden. Doch es blieb das Gefühl, es ist noch nicht das RICHTIGE.

Immer wieder sprachen mein Mann und ich darüber. Nein, er würde mir die Entscheidung nicht abnehmen. Er würde mich, wie immer, nehmen wie ich bin. Doch blieb es in meinem Kopf beim Karussell. Es sollte unsere kirchliche Trauung sein, unser schönster Tag. Für diesen hatten wir schon so wunderschöne Dinge ausgewählt und ich wollte auch für ihn sehr schick sein. Ich wusste er würde nicht wirklich deutlich sagen, dass er mich festlicher gekleidet möchte. Ich war sicher, in dem weiß-blauen Outfit würde ich gut über den Tag kommen. Ich habe noch nie ein weißes Kleid getragen, aber nun würde ich es tragen. Und doch war ich nicht sicher und glücklich damit.

Wir gehen zum Hochzeitsausstatter

Lass uns versuchen im Hochzeitsausstatter etwas zu finden, in dem du dich sicher wohl fühlst. Ich brauchte eine Weile, doch meine Wut darüber, dass ich noch immer nicht wirklich sicher im Outfit war, ließ mich die Entscheidung treffen, diesen Vorschlag anzunehmen, auch wenn ich mir sicher war, dass ich dort kein Kleid für mich finden würde. Egal, es war einen Versuch wert.

Der schmucke Eingangsbereich verunsicherte mich schon sehr. Grr, wenn jetzt noch eine fein, hoch modisch bekleidete Verkäuferin käme, hätte ich schon mehr als ein Problem. Doch es kam anders.

Ein junger sehr klassisch bekleideter Mann brachte uns durch die riesige Halle voller Kleider, zur Abendkleidmode. Ich fand zwei Knie-umspielende Kleider und wählte im zweiten Anlauf auch zwei lange Kleider. Der Verkäufer brachte uns in den Ankleideraum, wo uns eine mollige Verkäuferin in legerem Leggingsoutfit in der Beratung übernahm. Zu ihr fand ich sofort den Faden. Sie wirkte so echt und zugewandt, hatte die Figurprobleme wie  ich und einen ähnlichen Alltagslook.

 

Bei der Anprobe der knielangen Kleider gab sie Hinweise, was ich dazu noch brauchte und schon kam mein Leggingsproblem zum Vorschein. Nein, das würde gar nicht passen. Also blieb nur die Wahl eines langen Kleides. Als sie mir dann noch meine Vorurteile nahm und sagte: Lange Kleider lassen Personen etwas größer erscheinen, ging ich mutig daran diese Kleider anzuprobieren. Das erste Kleid nahm mir meine Vorurteile dann sofort. Die Verkäuferin holte noch ein paar Kleider, die meinem Geschmack entsprechen könnten. Ich schaffte es, ohne Schweiß- oder Panikattacken mehrere Kleider anzuprobieren. Klar reagierte ich, wenn ein Kleid für mich gar nicht ging. Doch ein Tauben-blaues, mit Spitzenoberteil und dreiviertel Ärmeln eroberte mein Herz. Ja, das konnte ich mir vorstellen. Ich fand es toll, auch wenn es völlig ungewohnt war, mich in so einem festlichen, langem Kleid zu sehen. Ich sah auch in Michaels Augen Freude und Begeisterung.

 

Die Verkäuferin war Klasse. Ihre Tipps gaben mir die richtigen Hinweise. Sie hatte schnell bemerkt, dass ich sehr ahnungslos war. Sie riet mir Ballerinas als Schuhwerk zu wählen, da diese meinen Schuhen sehr ähnlich waren, aber eben schicker. Dazu noch, für mich wertvolle, Tipps zur Bein- und Brustbekleidung. 

 

Am Ende der Anprobe zog ich das Kleid meiner Wahl noch einmal an. Ja, das war mein Hochzeitskleid. Das war es. "Es muss noch gekürzt werden, da alle Kleider auf 1,80 m gearbeitet sind". Da stellte sich uns ein Problem auf. Wenn hier keine Änderungsschneiderin zum Service gehörte, war ein Kauf für uns unmöglich. Auf unsere enttäuschte Reaktion hin, nahm die Änderungsschneiderin unser Kleid doch noch in den Auftag. Sie bestimmte die Länge, kürzte die Schulter und nahm eine kleine Kürzung im Brustbereich vor. Wahnsinn. Ich stand da und konnte es nicht glauben. Ich in einem langem, auf meine Kurven angepasstem Kleid. Zum ersten mal in meinem Leben und ich fühlte mich wohl.

Ein langes Hochzeitskleid

Ich, ein langes und sehr feines Kleid zur kirchlichen Hochzeit. Ja, es ist wahr. Ich habe mich so entschieden. Es war die richtige Entscheidung, denn schon auf dem Nachhause-Weg kehrte innerliche Ruhe und Sicherheit ein. Jetzt würde ich zufrieden und glücklich heiraten können, ohne jedes ungute Gefühl. Mein Mann sah auch sehr zufrieden aus. Er würde eine schicke Frau an seiner Seite haben, in der Kirche. Ende gut, alles gut.